Tagung
Interdisziplinäres Zentrum zur Erforschung der Europäischen Aufklärung (IZEA), Halle an der Saale
22. – 24. März 2023
Lorenzo Lippi: Femme au masque ou Allégorie de la simulation, Öl auf Leinwand, um 1640, 73 x 89 cm, Musée des Beaux-Arts, Angers (©Musée des Beaux-Arts, Angers)
Im Jahr 1780 veröffentlicht die Klasse der belles lettres der Königlich Preußischen Akademie für Wissenschaften ihre Preisfrage Est-il utile au Peuple d’être trompé? – Nützt es dem Volke, betrogen zu werden? Diese Frage löste eine lebhafte Diskussion aus, in der die politischen Implikationen der Aufklärung verhandelt wurden. Ob die Aufklärung und die Regierung(en) wirklich gemeinsame Interessen verfolgten? Ob erstere durch Täuschung geschützt werden müsse? Ob umgekehrt letztere durch Täuschung kompromittiert werde(n)? etc.
In diesen Debatten zeigt sich die zunehmende Skepsis gegenüber der Aufklärung am Ende des 18. Jahrhunderts. Es lassen sich hier u.a. die Ambivalenzen und Spannungen erkennen, die die
Zeit der Aufklärung prägen: die prekäre Position der deutschen Aufklärung, die den Kampf gegen Vorurteile mit der Unterordnung unter die staatliche Obrigkeit verband, das zweideutige Verhältnis der Aufklärung überhaupt zum „Volk“, ihr Glaube und Zweifel an der Macht der Wahrheit.
Die Diskussion ist aber auch heute aktuell angesichts einer sich zuspitzenden Krise der Öffentlichkeit und eines sich verschärfenden Streites um den politischen Wert der Wissenschaft, in dem oft explizit Bezug auf die Aufklärung genommen wird. Ausgehend von der schon im 18. Jahrhundert geführten Debatte über die Preisfrage soll die Tagung allgemein die Politik der Aufklärung und ihre Relevanz für unsere Gegenwart befragen.
Mittwoch, 22. März 2023
ab 12:30
Anmeldung im Tagungsbüro und Begrüßungskaffee im Foyer des IZEA
13:30 – 14:00
Eröffnung der Tagung und Einführung
Elisabeth Décultot und Daniel Weidner
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
14:00 – 15:30
Moderation Elisabeth Décultot
Rainer Godel
Zentrum für Wissenschaftsforschung Leopoldina Halle
Instrumentelle Aufklärung?
Die Preisfrage nach dem Volksbetrug im Zusammenhang der Vorurteilsdebatte
Bertrand Binoche
Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne
La superstition au nom des Lumières
15:30 – 16:00
Kaffeepause
16:00 – 17:30
Moderation Daniel Weidner
Ritchie Robertson
University of Oxford
Voltaire and the Belief in Hell
Céline Spector
Sorbonne,Université, Paris
L’autorité du sacré et le noble mensonge. Le rôle du législateur dans le „Contrat
social“
Anschließend Empfang und Abendimbiss im Foyer des IZEA
Donnerstag, 23. März 2023
9:30 – 11:00
Moderation Elisabeth Décultot
Martin Urmann
Freie Universität Berlin
„Est-il utile à la société que le coeur de l’homme soit un mystère?“
Die Berliner Volksbetrugsfrage im Lichte der Preisausschreiben der französischen Akademien
Andrea Kern
Universität Leipzig
Das „Paradox“ der Aufklärungsidee
11:00 – 11:30
Kaffeepause
11:30 – 13:00
Moderation Baptiste Baumann
Jean-Alexandre Perras
European University Institute Florenz
La valeur de l’utilité à la lumière du concours de 1780
Daniel Dumouchel
Université de Montréal
Aufklärung, perfectibilité, progrès de l’esprit: l’argumentation anthropologique, de Rudolf Zacharias Becker à Kant
13:00 – 14:30 Mittagsimbiss
14:30 – 16:00
Moderation Johanna Wildenauer
Sebastian Engelmann
Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Die Asymmetrie verantworten – Johann Georg Schlossers (pädagogische) Ordnungsmaßnahmen für die Landbevölkerung
Tim Meier
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Vergleich – Abgrenzung – Zukunftsvision? Die argumentative Funktion ‚der Juden‘ in der Konstruktion einer aufgeklärten Gesellschaft
15:30 – 16:00
Kaffeepause
16:30 – 17:30
Moderation Daniel Weidner
Hans Adler
University of Wisconsin-Madison
Die Wahrheit auf transgnoseotopischem Glatteis. Zur Verschränkung von
Epistemologie, Ethik und Macht, ausgehend von der 1780er Preisfrage der
Preußischen Akademie der Wissenschaften
Freitag, 24. März 2023
9:30 – 11:00
Moderation Steffen Martus
Daniel Fulda
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
„In hoc signo vinces.“ Die Apotheose der Aufklärung in Ernst Rathlefs
nicht eingereichter Beantwortung der Preisfrage
Harald Bluhm
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Sein und Schein in einer systematisch verengten Preisfrage
11:00 – 11:30
Kaffeepause
11:30 – 12:15
Moderation Steffen Martus
Axel Rüdiger
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Kants Reprise: „Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu Lügen“
12:15 – 13:00 Mittagsimbiss
13:00 – 14:30
Moderation Jana Kittelmann
Elias Buchetmann
Universität Rostock
‚The question is no good‘: Hegel and the 1780 Prize Contest
Sophia Wege
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Die Unerziehbarkeit des Menschengeschlechts. Zur Aktualität von Schopenhauers Geschichtspessimismus
Veranstaltungsort
Interdisziplinäres Zentrum zur Erforschung der Europäischen Aufklärung
Thomasius-Zimmer
Franckeplatz 1, Haus 54
06108 Halle an der Saale
Konzeption & Organisation
Prof. Dr. Elisabeth Décultot und Prof. Dr. Daniel Weidner
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Kontakt und Anmeldung zur Teilnahme in Präsenz und Online
(bis 20. März 2023)
Dr. Jana Kittelmann, IZEA
Die Tagung findet als Hybridveranstaltung statt. Die Online-Teilnehmer*innen erhalten kurz vor Beginn einen Link.
Weitere Informationen
https://www.izea.uni-halle.de